Eivind Buene: Possible Cities
für neun Instrumente
(2005)Ich habe immer gedacht, dass das Umwandern durch eine Stadt eine gute Metapher ist für das Hören neuer Musik. Eine große Stadt wird dich durch ungemütliche Straßen, in dunkle Gassen und zu plötzlichen Öffnungen von Licht führen. Sie erfordert aktive Beteiligung, sie bietet neue Erfahrungen an, und es gibt zahllose Wege, um von einem Punkt zum anderen zu kommen; eine Vielzahl von möglichen Routen eröffnen sich für beide–den Wanderer und den Hörer. Eine Stadt zu durchqueren lässt Dich über Konstruktion und Verfall meditieren, über menschlichen Einfallsreichtum und den unvermeidlichen Einfluss der Zeit. Offensichtliches Chaos offenbart plötzlich eine schöne Logik. Scheinbar zufällige Muster stellen sich als Netzwerk menschlicher Interaktion heraus. Und unterhalb der stabilen Oberfläche gibt es immer Natur, die darauf wartet zu übernehmen, unsere Strukturen durch organisches Wachsen zu verwischen. Ich habe versucht, diese grenzwertigen Zustände in Possible Cities hörbar zu machen. Das Werk ist eine Einladung, in eine Landschaft hineinzuhören, wo Geschichten auftauchen, sich vermehren und wieder verschwinden. Wie Italo Calvino es in seinem Buch Die Unsichtbaren Städte (Le città invisibili) formuliert: Es ist nicht die Stimme, die die Geschichte dirigiert. Es ist das Ohr.
(Eivind Buene)