One line

Nimrod Katzir: Men Sing

for four voices and live-electronics

(2013/2014)

Die Akustik einer Höhle in einem dreitausend Jahre alten jüdischen Friedhof inspirierte Nimrod Katzir während der Dreharbeiten zu Mediterranean Voices in Israel zu Experimenten mit vokalen Klängen, Resonanzräumen und Echos. Vor allem die Hörerfahrung am Höhleneingang interessierte den Komponisten, das akustische Phänomen, nur den Widerhall und die Brechungen der Sounds ohne den eigentlichen Originalklang wahrzunehmen. Mit elektronischen Medien und Remixverfahren möchte er diese Situation in seinem Werk Men Sing nachvollziehen.
Als Ausgangsmaterial wählte er Luigi Nonos Werk Quando stanno morendo, gli uomini cantano (»wenn Menschen sterben, singen sie«) für vier Frauenstimmen, Bassflöte, Violoncello und Live-Elektronik. Ausgewählte Fragmente aus dem Vokalsatz des Werks werden von vier hohen Stimmen, die sich außerhalb des Konzertsaals befinden, gesungen, verstärkt und nach der Live-Verarbeitung mittels zweier analoger Synthesizer über vier das Publikum umgebende Lautsprecher in den Konzertsaal projiziert. Nicht nur die Erfahrung mit den Gesängen auf dem Friedhof prädestiniert Quando stanno morendo als Remix-Grundlage für Men Sing, sondern auch frühe biographische Bezüge Katzirs speziell zu diesem Werk und vor allem die politische Relevanz, die es für seine Heimat hat. Bekannte Klänge und Klanggesten, die im »zeitgenössischen Gewand« elektronischer Verarbeitung wiederkehren und der Verweis auf gegenwärtige Tragödien und ihren Ursprung in der Vergangenheit inspirierten den Komponisten zu der Arbeit.
Nonos Werk ist »den polnischen Freunden und Genossen gewidmet, die im Exil, im Untergrund, im Gefängnis, bei der Arbeit Widerstand leisten.« Für Nimrod Katzir ist Quando stanno morendo »ein Werk über Provokateure, die im Exil leben. Wenn man nur das Echo hört und nicht die Sänger selbst, wird das evident.«

00:00:00 00:00:00

Die Komposition entstand im Rahmen eines Kooperationsstipendiums der Akademie Schloss Solitude